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Bundestagwahl 2013

Brief von Ralf Stegner

Liebe Genossinnen und Genossen,

zuerst möchte ich mich herzlich bei Euch bedanken: Viele von Euch haben in den letzten Wochen und Monaten einen unermüdlichen und fabelhaften Einsatz im Wahlkampf gezeigt und für unser fort­schrittliches Programm und einen echten Politikwechsel geworben. Tausende Hausbesuche, Info­stände, Verteilungsaktionen und Veranstaltungen - dazu haben unzählige Genossinnen und Genos­sen in Schleswig-Holstein einen Beitrag geleistet. Deshalb haben wir in Schleswig-Holstein ein ver­gleichsweise gutes Ergebnis geschafft: Mit über 31 % bei uns liegen wir 6% über dem SPD-Bundes­durchschnitt. Das ist unser gemein­samer Erfolg! Die SPD Schleswig-Holstein ist darüber hinaus nun­mehr mit 9 statt bisher nur 6 SPD-Abgeordneten im Deutschen Bundestag vertreten und darüber freuen wir uns sehr! Stark im Norden - das haben wir erneut unter Beweis gestellt.

Insgesamt aber ist das bundesweite Ergebnis der SPD sehr ernüchternd. Wir haben unser Wahlziel, eine rot-grüne Bundesregierung zu bilden, nicht erreicht. Das enttäuschende Ergebnis der SPD macht einmal mehr deutlich, dass es ein schwieriger und weiter Weg ist, verloren gegangenes Vertrauen zurück zu gewinnen. Es hat auch gezeigt, in welch unterschiedlicher Verfassung unsere Partei in den Bundesländern ist. Wir haben da viel Arbeit vor uns, müssen uns verjüngen und brauchen mehr Frauen in Führungspositionen.

Der Auftrag zur Regierungsbildung liegt nun bei Angela Merkel. Sie ist es, die eine parlamentarische Mehrheit finden muss. Mir liegt daran zu betonen, dass für uns das alles Entscheidende ist, dass eine mögliche Regierungsbeteiligung einzig und allein an den politischen Inhalten und nicht an Regie­rungsposten gemessen wird. Deshalb stehen fast alle SPD-Mitglieder, aber auch der Parteivorstand einer Großen Koalition mehr als skeptisch gegenüber. Die SPD ist für einen Politikwechsel hin zu einer gerechteren Gesellschaft angetreten. Und deshalb gilt klipp und klar: Wir werden uns an keiner Regierung beteiligen, die diesen Politikwechsel nicht auch einleitet! Ob das mit der Union möglich ist, daran habe ich große Zweifel, aber Klarheit darüber können nur Sondierungsgespräche mit der Union bringen.

Was eine rot-rot-grüne Koalition jetzt angeht, versteht es sich von selbst, dass wir bei unserer klaren Position vor der Wahl bleiben und Wort halten müssen. Für die nächste Wahl setze ich mich aber dafür ein, dass wir die "Ausschließeritis" nicht fortsetzen und künftige Mehrheiten links von der Mitte wenn irgend möglich nutzen. Die heutigen Optionen - Große Koalition oder Opposition - bie­ten keine langfristigen Perspektiven. Diese Selbstblockade muss aufhören!

Im 150. Jahr der Parteigeschichte der SPD stellt der Ausgang dieser Bundestagswahl eine schwierige Herausforderung dar. Mir ist bewusst, dass es zum weiteren Vorgehen in unserer Partei ganz unter­schiedliche Meinungen und eine lebendige Diskussion gibt. Auch und gerade nach dem enttäuschen­den Ergebnis sind wir gefordert, selbstbewusst die schwierige Situation anzunehmen. Unser Selbst­bewusstsein und unser Selbstverständnis als linke Volkspartei lässt es nicht zu, als Anhängsel der Union in eine Regierung zu gehen. Die SPD als Regierungspartei ist für mich nur denkbar, wenn es uns gelingt, in einer Koalition sozialdemokratische Schwerpunkte und unser Gerechtigkeitsprofil zum Beispiel bei guter Arbeit, Bildung und Steuern zu verankern. Nur eine selbstbewusste SPD ist gut für Deutschland.
Am Freitag wird der Parteikonvent mit 200 Delegierten zusammenkommen und intensiv und ergeb­nisoffen darüber beraten, ob wir das Angebot der Union zu Sondierungsgesprächen annehmen. Ein Gesprächsangebot der Union auszuschlagen und damit im Falle eines Scheiterns schwarz-grüner Verhandlungen direkt auf von uns verursachte Neuwahlen zuzusteuern, hielte ich allerdings für nicht verantwortbar, da dem mit hoher Wahrscheinlichkeit die Quittung der Wahlbevölkerung auf dem Fuße folgen würde.

Auf diesem Parteikonvent ist die SPD Schleswig-Holstein mit 8 Delegierten vertreten. Meine Meinung ist: Es gibt keinen Automatismus für eine Große Koalition, weil wir für unsere In­halte stehen und nur so neues Vertrauen geschaffen werden kann. Sollte es zu Koalitionsverhandlungen kommen, muss die Parteibasis diese Verhandlungen eng begleiten und der Parteikonvent muss regelmäßig tagen. Über einen ausgehandelten Koalitionsvertrag müssen die Mitglieder vor dem Bundesparteitag im November befragt werden - und dieses Votum muss auch gelten! Auch nach der Wahl bleibt es da­bei: Das WIR entscheidet. Dafür werde ich mich auf dem Parteikonvent einsetzen.

Ich bitte Euch um Euer Vertrauen
und grüße Euch herzlich
Euer Ralf Stegner
SPD-Landesvorsitzender